Neuer Durchgangsbahnhof Löwenstrasse

Erst einige Fakten; das Votum dazu folgt weiter unten.

Unter dem Zürcher Hauptbahnhof wird ein neuer Durchgangsbahnhof gebaut. Es geht hier - alle Neben- und Anschlussbauten eingeschlossen - um ein Projekt in der Grössenordnung von 2 Mrd. Franken. Der Kanton hat 677 Millionen davon zu tragen. Die Bundesgelder stammen aus dem Infrastrukturfonds, den Leistungsvereinbarungen des Bundes mit der SBB und dem FinöV-Fonds (ZEB).

Ursprung des Megabauwerkes

VerkehrsplanDer Bahnhof Zürich ist an seiner Kapazitätsgrenze. Die Zürcher S-Bahn ist auf einigen Linien voll ausgelastet, weitere Ausbauten sowie längerfristig der Übergang zum Viertelstundentakt brauchen jedoch zusätzliche Verkehrswege auf der Schiene. Zudem behindert der Kapazitätsengpass in Zürich auch weiter Ausbauten im nationalen und internationalen Bahnverkehr.
Der Nutzen geht weit über Zürich hinaus: Für alle Regionen der Schweiz kann der Zugang zum Flughafen verbessert werden. Durch bessere Anbindung des Flughafen ans Bahnsystem können via Zürich Städte im nahen Ausland gegenüber dem Luftverkehr konkurrenzfähiger d.h. schneller angeboten werden. Heute erhalten Züge oft Abgangsverspätungen, da sie in Zürich auf verspätete Anschlüsse warten müssen. Durch das Warten werden Gleise belegt, was zu Folgeverspätungen anderer Kurse führt. Stehen mehr Geleise im Bahnhof zur Verfügung, gerade im Durchgangsbahnhof auch für Züge, die keine Anschlüsse abzuwarten haben, so können diese verzögerungsfrei abgewickelt werden, weshalb auch an entfernten Orten verspätete Abfahrten von dort wartenden Zügen bzw. Bussen vermieden werden können. So profitiert letztlich jede Region der Schweiz davon, dass der Engpass in Zürich beseitigt wird.

Die SBB wollten darum den Bahnhof Zürich ausbauen. Der dafür zum Bau vorgesehene Flügelbahnhof hinter der Sihlpost und der Ausbau des Wipkinger-Viaduktes stiessen auf massiven Widerstand der Bevölkerung. Darum wurde am 21.5.1999 eine Volksinitiative eingereicht, die den Bau eines unterirdischen Durchgangsbahnhofes mit einem Doppelspurtunnel nach Oerlikon fordert. Das schliesslich gebaute Projekt ist der Gegenvorschlag der Zürcher Regierung zur Volksinitiative.

Geplante Linienführung:

LinienführungIn der Anfahrt auf Zürich zu werden Züge ab Altstetten über eine neue, mehrere hundert Meter lange Brücke quer über das bestehende Gleisfeld auf die Einfahrtsrampe zum neuen Durchgangsbahnhof geführt (a). Dank dieser Rampe können Zugverkehrsströme entflochten und damit die Perrons schneller und vor allem sicherer da kreuzungsfrei angefahren werden. Die Brücke geht auf Höhe Langstrasse über in eine ca 400m lange Rampe (b), die mit einem Gefälle von 39 Promille in den neuen unterirdischen Durchgangsbahnhof einmündet. Dort (c) sind vier Gleise auf einer Länge von 420m mit zwei Zwischenperrons von 13m Breite geplant.
Zum Vergleich: Die Perrons des schon bestehenden Durchgangs-Bhf. Museumstrasse sind mit 11m eher eng bemessen; jene des neuen Durchgangsbahnhofes bieten dank der 2 Meter mehr Breite die Möglichkeit bei allen Aufgängen je zwei Rolltreppen und eine Treppe einzubauen.
Am östlichen Ende der Perrons tauchen die Geleise mit einem Gefälle von 28 Promille ab. Sie unterqueren Limmat und Hirschengraben-Bahntunnel (HB - Stadelhofen) und führen dann in einem Bogen nach Oerlikon (d).
Am Bahnhof Oerlikon müssen neue Anschlüsse, neue Perrons gebaut werden (e) um nicht hier einen Flaschenhals im Bahnbetrieb entstehen zu lassen. Weil nicht alle Züge in Oerlikon halten, sollen durchfahrende Züge in einer späteren Ausbauetappe unterirdisch unter Oerlikon durch geführt werden. Dafür macht es Sinn, schon die heute möglichen Vorarbeiten zu leisten, welche später unter Betrieb nur schwer machbar wären (f).

a) Altstetten - Langstrasse 250Mio.Fr.
b) Wiedikon/Langstr. - Durchgangsbahnhof 139Mio.Fr.
c) Durchgangsbahnhof 432Mio.Fr.
d) Durchgangsbahnhof - Oerlikon 400Mio.Fr.
e) Ausbau Oerlikon 148Mio.Fr.
f) Vorinvestition Unterfahrung Oerlikon 90Mio.Fr.

Zeitplan:

2001 Abstimmung im Kantonsrat
2002 Volksabstimmung
02-06 Detailplanung, Genehmigungsverfahren, Bereinigungen
05-08 Ausbau Passage Sihlquai im HB
07-14 Bau Durchgangsbahnhof Löwenstrasse
07-14 Bau Weinbergtunnel von Zürich HB nach Oerlikon
07-14 Erweiterung Bahneinschnitt Oerlikon
08-15 Bau Brücken von Altstetten zum Zürich HB
2014 Eröffnung Durchgangsbahnhof (1. Teil Durchmesserlinie) und Weinbergtunnel
2015 Inbetriebnahme 2. Teil Durchmesserlinie von Altstetten nach Zürich HB
2016 Eröffnung Gleise 7 und 8 im Bhf. Oerlikon

Abschnitt 1: Altstetten - Zürich HB

letzigrabenbrücke

Zwischen Zürich ZH und Altstetten entstehen bis 2015 zwei eingleisige Brücken: Die Kohlendreieck- und die Letzigrabenbrücke. Die beiden Brückenbauwerke dienen der Ein- und Ausfahrt aus dem neuen Durchgangsbahnhof. Die Kohlendreieckbrücke beginnt nach der Strassenunterführung Langstrasse und reicht bis vor die Hardbrücke. Die Letzigrabenbrücke zwischen Hardbrücke und Altstetten überquert in einem grossen S-Bogen das gesamte Gleisfeld und die Duttweiler-Strassenbrücke. Dank dieser Brücken kann aus Westen in Zukunft kreuzungsfrei und damit sowohl sicherer als auch deutlich schneller in den Hauptbahnhof eingefahren werden. Zudem werden Kapazitäten auf dem bestehenden Gleisfeld frei um den erwarteten Mehrverkehr abwickeln zu können.

Abschnitt 2: Durchgangsbahnhof Löwenstrasse

durchgangsbahnhof zürich

Unter den Gleisen 4 bis 9 entsteht der neue Durchgangsbahnhof. Weil im Zürich HB derart viele Züge verkehren, war es nicht möglich einzelne Gleise ausser Betrieb zu nehmen um darunter "in Ruhe" zu bauen. Deshalb sind nach und nach immer zwei oberirdische Gleise im Kopfbahnhof um 100 Meter verkürzt worden, um dann dort ein entsprechend hundert Meter langes Stück Dach für die zwischen Durchgangsbahnhof und bestehendem Bahnhofkomplex zu liegen kommende Halle Löwenstrasse sowie die Seitenwände des Durchgangsbahnhofeszu bauen. Danach konnte unter diesem Deckel das Erdreich ausgegraben und von der dadurch entstandenen Halle weiter nach unten und in Richtung Westen gegraben werden, während über dem Deckel die Gleise wieder ihre ursprüngliche Länge zurück bekamen. Dass der Bhf. Löwenstrasse nicht direkt unter der bestehenden Bahnhofsanlage gebaut werden konnte liegt daran, dass die Sihl dort ihr Bett hat. Der neue Durchgangsbahnhof musste also unter der Sihl zu liegen kommen, weshalb auch unter dem Bett der Sihl zuerst ein Deckel einzubauen und erst dann darunter der Bahnhof auszuheben war.

halle löwenstrasse

Seit Anfang 2013 werden die Gleise und die übrige Bahntechnik eingebaut, rund 16 Meter unter der Erdoberfläche.

bhf loewenstrasse

Abschnitt 3: Weinbergtunnel

Zwischen dem Bhf. Löwenstrasse und dem Bhf. Oerlikon


Rede von Roland Munz im Kantonsrat zum Durchgangsbahnhof

Rede vom 11.6.2001 zur Vorlage

Die vorgeschlagene Lösung ist eine gute. Es ist nicht die bestmögliche, aber es ist eine hervorragende Lösung, wenn wir sie mit den ursprünglichen Plänen der SBB vergleichen, einen Flügelbahnhof zu bauen und den Wipkinger-Viadukt auf vier Spuren zu erweitern.

Dieser neue Bau, nämlich der unterirdische Durchgangsbahnhof mit allen zusätzlichen Ergänzungsbauten, ist ein wichtiges Bauwerk für den Kanton Zürich. Die erfolgreiche S-Bahn in Zürich soll ausgebaut werden können. Es soll auf den gut ausgelasteten Linien ein Viertelstundentakt angestrebt werden. Neue Regionalbahnlinien beispielsweise mit beschleunigten S-Bahnzügen und Interregiokompositionen in die weitere Agglomeration stehen an. Dafür braucht es Platz im Knotenpunkt Zürich-HB; Platz, der heute nicht in gewünschtem Mass vorhanden ist. Indem nun nicht nur ein unterirdischer Durchgangsbahnhof vorgesehen wird, sondern auch Zufahrtsstrecken in Altstetten, Oerlikon und Wiedikon aufgebaut werden, soll verhindert werden, dass der Flaschenhals in Zürich einfach ein paar Kilometer aus dem Hauptbahnhof hinausverschoben wird.

Natürlich bleibt noch an weiteren Orten Handlungsbedarf, beispielsweise am Hürlistein oder an weiteren Orten, die Willy Germann angetönt hat. Es scheint mir jedoch hier der falsche Ort zu sein, als Kritikpunkt an dieser Vorlage anzubringen, dass andernorts auch noch Handlungsbedarf besteht. Wir sprechen hier über eine Vorlage, die den Flaschenhals in Zürich beseitigen soll. Das ist gut so.

Wir wollen den Durchgangsbahnhof nicht nur eigennützig aus kantonaler Sicht betrachten. Der erweiterte Hauptbahnhof in unserer Kantonshauptstadt öffnet das Tor der Stadt Zürich zur Region, zur übrigen Schweiz, ja zum Ausland weiter. Es wird nicht nur Raum geschaffen für mehr S-Bahnzüge in die Agglomeration. Indem viele S-Bahnen aus der Haupthalle in den Untergrund verlegt werden, wird Raum geschaffen für weitere Intercity-Verbindungen auch ins nahe Ausland. Somit können mehr Menschen unsere Stadt einfacher erreichen, und das lokale Gewerbe in der Stadt Zürich hat auch etwas davon und kann profitieren. Die Stadtregierung sieht dem Ausbau denn auch mit Freude entgegen. Sie ist bereit, die nötigen Ausbauten im Bereich der Feinverteiler vorzunehmen. Dank dem unterirdischen Durchgangsbahnhof wird zudem die Bevölkerung etwa in Wipkingen vom Lärm entlastet, anstatt dass mehr Lärm ertragen werden müsste, wenn es zum Ausbau des Wipkinger-Viadukts kommen würde. In diesem Punkt ist es absolut unumgänglich, dass der Ausbau des Wipkinger-Viadukts im Zuge der Realisierung der vorliegenden Vorlage aus dem Richtplan gestrichen wird. Das Vorgehen, wie es die KEVU in diesem Zusammenhang vorschlägt, findet unsere Unterstützung.

Schliesslich ist dieser Neubau nicht nur für Stadt und Kanton Zürich wichtig, sondern auch von Bedeutung für die ganze Schweiz. Denn solange die Züge beispielsweise von St. Gallen nach Interlaken wegen der Engpässe in der Stadt Zürich Verspätungen erleiden, ist der Kampf gegen Verspätungen von dortigen Anschlusszügen – zum Beispiel nach Grindelwald – vergebene Mühe. Auch Ausbauten dortiger Feinverteiler sind weniger sinnvoll, als wenn die Hauptverkehrsachsen ausgebaut werden können. Es ist allerdings erstaunlich, dass heute trotz der engen und prekären Platzverhältnisse im Hauptbahnhof Zürich die Anschlüsse dennoch recht gut funktionieren. Es kann aber nicht mehr lange so weitergehen, gerade wenn das Angebot weiter ausgebaut werden soll. Deshalb wird nun ein Flügelbahnhof bei der Sihlpost gebaut. Dieser Flügelbahnhof soll allerdings dank des Durchgangsbahnhofs später abgerissen werden, also ein Provisorium bleiben.

Dass dieser Flügelbahnhof ein schlechtes Ding ist, wurde vor allem von den Initianten der dieser Vorlage zugrunde liegenden Volksinitiative erkannt. In diesem Zusammenhang spreche ich dem Initiativkomitee den herzlichsten Dank aus, denn wir alle wissen es: Die Stadt Zürich beispielsweise, aber auch die SBB waren zuerst gar nicht angetan von der Idee des Durchgangsbahnhofs. Sie mussten erst auf den Geschmack gebracht werden. Umso erfreulicher ist es, dass heute alle erkannt haben, dass der Flügelbahnhof ein schlechtes Ding ist und der Durchgangsbahnhof die zukunftsfähigere Lösung. Aus diesen Gründen kann leicht gesehen werden, dass der Durchgangsbahnhof und die damit verbundenen weiteren Ausbauten, wie sie uns in den Vorlagen präsentiert werden, unsere Unterstützung verdienen. Es ist ein Projekt, an dem die Stadt und der Kanton Zürich, aber auch die Schweiz Freude haben dürfen.

Dass natürlich im Detail Anpassungen nötig sein werden, ist klar. Das Detailprojekt liegt uns auch noch gar nicht vor. Dass der Kanton und die SBB vom Initiativkomitee erst für diesen Weg begeistert werden mussten, soll nicht nochmals aufgewärmt werden. Dankesworte sind bereits vielfach geäussert worden. Sie sind auch angebracht. Ohne diese Initiative hätten wir heute nicht die Gelegenheit, diese gute, zukunftsfähige Vorlage annehmen zu dürfen. Die Vorlage geht über das ursprüngliche Anliegen der Initianten hinaus. Es wird nicht nur der Durchgangsbahnhof gebaut, sondern auch notwendige Anpassungen Richtung Oerlikon, in Wipkingen und in Altstetten. In diesem Sinne bitte ich Sie, den beiden Vorlagen, wie sie uns von der KEVU präsentiert werden, Ihre Stimme zu geben: der Vorlage 3817a über den Gegenvorschlag zur angesprochenen Initiative und auch der Vorlage 3816a über die Anpassungen des Richtplans, die das Projekt erst ermöglichen werden.