Zu KR-Nr 298/2004 betreffend
Beschwerdelegitimation der Verbände
Die Schärfe der Attacken gegen das Verbandsbeschwerderecht ist
nicht mit angeblichem Missbrauch, sondern mit seiner erfolgreichen Anwendung
zu erklären. Aufgrund des oft laschen Vollzugs des Raumplanungs-
und Umweltschutzrechts waren Bauherrschaften an Freiheiten gewöhnt,
die ihnen das Recht gar nicht gewährt.
Kaum 10% aller Einsprachen werden von Verbänden eingereicht. Und
mit fast 70% positiven Entscheiden ist die Erfolgsquote der Verbände
so hoch, dass von Missbrauch keine Rede sein kann. Im Gegenteil: Nur
dank dem Beschwerderecht der Verbände erhalten die Gerichte Gelegenheit,
dem Recht Nachachtung zu verschaffen. Dass dem so ist, erkennt man auch
daran, dass 90% der Fälle bereits auf Gemeinde- oder kantonaler
Ebene erledigt werden können, ohne dass sie von einer Partei weiter
gezogen würden. Die Gegner der Verbandsbeschwerde fürchten
in Tat und Wahrheit die korrekte Anwendung unserer Gesetze und die Wahrnehmung
der öffentlichen Interessen - ein sehr merkwürdiges Rechtsverständnis!
Obwohl nicht sehr häufig genutzt; hat das kantonalrechtliche Verbandsbeschwerderecht
eine wichtige Stellung. Die meisten Bauherren und Behörden wissen
um die Rechte von Natur und Umwelt und sie kennen das Beschwerderecht
der Verbände. So erwägen sie bereits in der Projektierungsphase
die Umweltverträglichkeit ihres Vorhabens. Durch die mehr oder weniger
freiwillige, aber häufig sehr effiziente Zusammenarbeit zwischen
Bauherrschaften und Verbänden werden vielerorts allseitig befriedigende
Lösungen gefunden noch bevor die Gerichte sich dazu äussern
müssen.
Wir von der SP attestieren den verantwortungsbewussten Bauherrschaften,
dass sie rechtzeitig den Kontakt zu Umwelt- und Naturschutzverbänden
suchen. Sie sichern so Bauvorhaben von vornherein ab gegen möglicherweise
drohende Verbandsbeschwerden, hätte man eine umweltrechtliche Bestimmung
versehentlich nicht angemessen berücksichtigt.
Es ist daher sinnvoll, wenn auch auf kantonaler Ebene eine Liste der
verbandsberechtigten Organisationen erstellt wird. Bauherrschaften könnten
diese Liste konsultieren und wüssten, mit welchen Verbänden
sie sich sinnvollerweise zu verständigen hätten.
Nach Verwaltungsrecht bleibt zur Beschwerde berechtigt, wer durch eine
Anordnung selber berührt ist – dies schliesst nach Bundesgerichtspraxis
auch Organisationen ein, die in statutarischem Auftrag zur Wahrnehmung
der Interessen ihrer Mitglieder handeln.
Nach dem gemäss Motion neu zu formulierenden Artikel 338a des Planungs-
und Baugesetzes würden alle gesamtschweizerisch zur Einsprache berechtigten
Organisationen zur Verbandsbeschwerde legitimiert,
Nach Artikel 338b, der ja unverändert bleiben soll, blieben kantonal
tätige Vereinigungen unter definierten Voraussetzungen einspracheberechtigt.
Die vorliegende Motion zielt also in die Richtung, welche wir mit unserer
bereits als Postulat überwiesenen Motion 28-2005 verfolgen, wo wir
die Regierung auffordern, ein Register von beschwerdelegitimierten Verbänden
aufzulegen. Die überweisung der hier vorliegenden Motion 298-2004,
die gegenüber unserem schon überwiesenen Postulat zudem Mängel
aufweist, ist daher nicht mehr notwendig.
Ratsvotum vom 24.10.2005
von Roland Munz (SP, Zürich)
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