Anfrage betreffend Unterstützung der Jugendlichen
in der Anerkennung ihrer sexuellen Identität

von Roland Munz (SP, Zürich), Hans-Peter Portmann (FDP, Kilchberg)
und Martin Naef (SP, Zürich)
__________________________________________________________________________

Viele homo- und bisexuelle Jugendliche haben Probleme mit ihrem «Coming-Out» (also mit der Anerkennung ihrer sexuellen Orientierung). Studien haben dargelegt, dass das gesundheitliche und psychische Wohlbefinden von Jugendlichen, welche Probleme mit ihrem «Coming-Out» haben, wesentlich schlechter ist als das anderer Jugendlicher in der gleichen Alterskategorie. Auch die Suizidalität ist bei ihnen deutlich höher.

Es ist aus diesen Gründen sehr wichtig, dass Jugendliche in ihrer Schulzeit ein neutrales und objektives Bild der Homosexualität vermittelt bekommen. Damit wird ihr «Coming-Out» wesentlich erleichtert. Homo- und Bisexualität ist heute wissenschaftlich und gesellschaftlich als eine gleichwertige Form der sexuellen Orientierung anerkannt. Die Weltgesundheitsorganisation hat Homosexualität längst von der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) gestrichen, womit sie als gleichwertige und gesunde Variante menschlicher Sexualität anerkannt ist. Auch der Kantonsrat hat im Zusammenhang mit der kantonalen registrierten Partnerschaft deutlich gemacht, dass für ihn gleichgeschlechtliche Paare eine akzeptierte Form des partnerschaftlichen Zusammenlebens darstellen. Dies entspricht auch Artikel 8 Absatz 2 der Bundesverfassung, welcher jede Diskriminierung auf Grund der Lebensform verbietet.

Im Zusammenhang mit der teilweise kritischen Reaktion des Regierungsrates auf die Coming-Out-Broschüre «selbstverständlich» der Aids-Hilfe Schweiz ist unter Lehrkräften jedoch Verunsicherung entstanden. Die Kritik an der vom Bundesrat anerkannten Broschüre hat den Eindruck hinterlassen, die Regierung stehe einer verbesserten Aufklärung über Homo- und Bisexualität in den Schulen zurückhaltend gegenüber. Jugendliche müssen darin unterstützt werden, ihre eigene sexuelle Identität und Orientierung zu finden. Eine Pathologisierung der Homo- und Bisexualität verunsichert Jugendliche in ihrem Selbstfindungsprozess und unterstützt damit die Tendenzen zu Depression, Suizidalität, Substanzmissbrauch und HIV-Infektion. Namentlich sind Jugendliche, die ihre sexuelle Identität akzeptieren, für die HIV-Prävention wesentlich besser ansprechbar.

Vor diesem Hintergrund stellen wir dem Regierungsrat folgende Fragen:

1.Welches ist die Haltung des Regierungsrates zur Thematisierung von Homo- und Bi-sexualität in der Schule?

2.Ist der Regierungsrat bereit, gegenüber den Lehrkräften klar zu signalisieren, dass die Schule im Rahmen ihrer Möglichkeiten Jugendliche in der Anerkennung ihrer Sexualität und Identität unterstützen soll und Homo- und Bisexualität als eine gleichwertige, also nicht krankhafte oder «heilbare» sexuelle Orientierung darzustellen hat?

3.Kann der Regierungsrat dafür sorgen, dass in diesem Sinn in der Schullaufbahn aller Schülerinnen und Schüler des Kantons Zürich mindestens einmal eine Auseinandersetzung mit dem Thema «Homo- und Bisexualität» stattfindet?

4.Ist sichergestellt, dass Homo- und Bisexualität als gleichwertige Lebensweise sowie die nötigen Grundlagen zu einer entsprechenden Gesundheitsförderung in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung der pädagogischen Hochschule aufgegriffen wird?

5.Welche Möglichkeiten sieht der Regierungsrat, dass allen Schülerinnen und Schülern (ab 12 Jahren) eine stufengerechte Schrift über die verschiedenen sexuellen Orientierungen zur Verfügung steht, welche sie in einem allfälligen inneren und äusseren «Coming-Out» informiert und berät?

6.Welche Möglichkeiten sieht der Regierungsrat, entsprechende Bemühungen in der Gesundheits- und der Bildungsdirektion oder privater Schulprojekte zu fördern oder zu unterstützen?